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Die Offene Parlamentarische Debatte versteht sich als turniertaugliches akademisches Debattierformat, dass die Sportlichkeit der Parlamentarischen Debatte und den Realismus der Publikumsdebatte miteinander vereint. Sie gibt Raum zur Entwicklung und Verbesserung wohlverstandener Rhetorik unter den Bedingungen produktiver Agonalität. Anders als bei wissenschaftlichen Diskussionen wird dabei nicht der Anspruch erhoben, Wahrheit zu finden; vielmehr geht es darum, unter den Alltagsbedingungen unvollständiger Information und endlicher Zeit kontroverse Positionen einer Entscheidung zuzuführen (vgl. Herrmann/Hoppmann/Mattes/Nesyba 2011).
Pro Debatte treten zwei Dreierteams gegeneinander an, deren Ziel es ist die fraktionsfreien Redner auf ihre Seite zu ziehen (siehe Grafik). Alle Redner müssen an vorher gebrachte Argumente anknüpfen und dürfen der eigenen Seite nicht widersprechen. Die Positionen der Teams werden ausgelost (vgl. ebd.).
Der Präsident eröffnet die Aussprache und erteilt jedem Redner das Wort. Die Redezeit beginnt mit dem ersten Wort des Redners. Während der Rede markiert er Anfang und Ende der Zeit für Zwischenfragen mit einfachem Hammerschlag. Das Ende der Redezeit wird mit doppeltem Hammerschlag angezeigt. Überschreitet ein Redner die ihm zustehende Redezeit um mehr als fünfzehn Sekunden, unterbindet der Präsident die Überschreitung durch Glockenschläge. Bei Überschreitung der Zeitgrenzen für Zwischenfragen läutet der Präsident sofort (vgl. Streitkultur 2015a).
Die Fraktionsredner erhalten jeweils sieben Minuten Redezeit. Die erste und letzte Minute dieser Zeit ist gegen Zwischen-fragen geschützt. Die Fraktionsfreien Redner erhalten jeweils dreieinhalb Minuten Redezeit. Die erste Minute und die letzten dreißig Sekunden ihrer Redezeit sind gegen Zwischenfragen geschützt. Während der übrigen Redezeit haben alle gegnerischen Fraktionsredner das Recht zu Zwischenfragen (vgl. ebd.).
Auf die Rede jedes Fraktionsfreien Redners folgt eine Zwischenrede des gegnerischen Eröffnungs- oder Ergänzungsredners von maximal einer Minute durchweg geschützter Redezeit. Darauf folgt die Rede des nächsten Fraktionsfreien Redners. Auf die Zwischenrede zur Stellungnahme des letzten Fraktionsfreien Redners folgen die Plädoyers der Schlussredner von Regierung und Opposition. Zu den Schlussplädoyers sind Zwischenfragen der gegnerischen Fraktionsredner und aller Fraktionsfreien Redner zugelassen (vgl. ebd.).
Nach der Debatte folgt eine offene Abstimmung, ob das Publikum die Streitfrage nun mit Ja oder Nein beantworten würde. Die Rednerseite mit dem größten Zuwachs an Stimmen gewinnt (vgl. ebd.).
Das ist ein Mittel aller Debattanten und des Publikums, um den Redner auf Inkonsistenzen, argumentative Lücken, Abwegigkeiten und dergleichen hinzuweisen und zur Klarstellung anzuhalten (vgl. Herrmann/Hoppmann/Mattes/Nesyba 2011).
Herrmann, Markus; Hoppmann Michael; Leopold, Pauline; Nesyba, Thea; Mattes, Anna (2011): Kurzregeln für die Offene Parlamentarische Debatte. Tübingen. In: http://www.streitkultur.net/wp-content/uploads/2015/01/OPD-Kurzregeln-V09.pdf [Zugriff 09.10.2015].
Streitkultur a (2015): Die Tübinger Debatte. In: http://www.streitkultur.net/wp-content/uploads/2011/03/Tübinger-Debatte-Regelflyer-2009.pdf [Zugriff 09.10.2015].