Wartburgformat

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Das Ziel der beiden gegeneinander antretenden Seiten besteht darin, die Jury und das Publikum vom eigenen Standpunkt zu überzeugen. Um eine Dominanz der Rollenmuster („Regierung/ „Opposition“) zu vermeiden, erfolgt eine Gleichgewichtung der beiden Seiten „Pro“ und „Kontra“, wodurch eine Hierarchiebildung und eine Vorrangstellung der einen Seite gegenüber der anderen vermieden wird (vgl. Lechner/Wiemers 2009: 1).
Das Wartburgformat lässt den Teams weitgehende Freiheit bei der Ausgestaltung der Debatte. Es gestattet jedem Redner, neue Argumente in die Debatte einzubringen. Insofern entfällt für das Team die starre Bindung an Rollenmuster, wie sie z.B. in den Formaten der Offenen Parlamentarischen Debatte oder des British Parliamentary Stil üblich ist (vgl. Lechner/Wiemers 2009: 4).

Beteiligte Personen

Jedes Team besteht aus drei Rednern. Der erste Redner sollte eingangs des Standpunktes seiner Seite zur These eindeutig formulieren, was klare Definitionen einschließt. Es sollte eine Teamstrategie erkennbar sein; die Beiträge der einzelnen Redner sollen sich zu einem Ganzen zusammenfügen. Im Gegensatz zu anderen Formaten darf auch der jeweils letzte Redner jeder Seite neue Argumente in die Debatte einführen (vgl. Lechner/Wiemers 2009: 1f).

  1. Pro-Seite: 3 Redner (Eingangsstatement 7 Minuten)
  2. Kontra-Seite: 3 Redner (Eingangsstatement 7 Minuten)
  3. Jury: Die Jury besteht aus drei Personen: dem Präsidenten, dem Hauptjuror und dem Nebenjuror.
  4. Präsident: Dem Präsidenten obliegt die Leitung der Debatte: Er überwacht während der Debatte die Einhaltung der Regeln und ruft die Redner entsprechend ihrer Reihenfolge zu ihren Beiträgen auf.
  5. Hauptjuror und Nebenjuroren: Jeder der Juroren führt einen eigenen Bewertungsbogen, in welchem er sich Notizen zur Debatte macht und Punkte für die einzelnen Redner sowie die Teamleistung vergibt (vgl. Lechner/Wiemers 2009: 2).

Ablauf der Debatte

Unmittelbar vor Beginn der Debatte wird durch den Präsidenten ausgelost, ob die Pro- oder die Kontra-Seite die Debatte eröffnet. Es ist von der eröffnenden Seite kein Antrag zu formulieren! Die drei Redner der eröffnenden und erwidernden Partei sprechen jeweils im Wechsel (vgl. ebd.). Die Redezeit beträgt sieben Minuten, wovon die ersten und die letzten 60 Sekunden geschützt sind. Während der ungeschützten Redezeit dürfen sich die Gegenseite und das Publikum mit Interventionen zu Wort melden. Die Erlaubnis zur Stellungnahme erteilt der Redner (vgl. Lechner/Wiemers 2009: 3). Nach der Debatte nimmt die Jury unter der Leitung des Hauptjurors die Bewertung der Teams vor.

Interaktion

  1. Intervention: Eine Intervention kann die Form einer Aussage oder einer Frage haben. Sie kann durch die Gegenseite oder das Publikum während der ungeschützten Redezeit ersucht werden (vgl. ebd.).
  2. Zwischenrufe: Zwischenrufe dürfen hingegen sowohl in der geschützten als auch in der ungeschützten Redezeit von allen Teilnehmern an der Debatte (auch dem Publikum) gemacht werden. Sie dürfen die Länge von sieben Worten nicht überschreiten. Zwischenrufe sind dosiert einzusetzen und sollen die Debatte nicht stören (vgl. Lechner/Wiemers 2009: 4).
  3. Privilegfrage: Während der ungeschützten Redezeit des jeweils letzten Redners darf der jeweils erste Redner der Gegenseite die so genannte Privilegfrage stellen. Diese Frage ist vom letzten Redner auf jeden Fall anzunehmen und kann nicht abgelehnt werden (vgl. ebd.).

Bewertung

Die Ermittlung der Endnote geschieht durch die Jury. (vgl. Lechner/Wiemers 2009: 5f).

1. Inhalt: Unter „Inhalt“ wird die Güte der Argumentation des Redners bewertet:

  • Sachkenntnis und themenbezogenes Wissen
  • Relevanz der Argumente
  • Stringenz der Argumente (auch: Illustration durch Beispiele)
  • Anordnung und Strukturierung der Argumente (vgl. ebd.)

2. Sprache: In diese Kategorie „Sprache“ fällt, wie der Redner seine Inhalte sprachlich vermittelt, kurz: die Eloquenz des Redners:

  • Deutlichkeit der Artikulation
  • Angemessenheit von Lautstärke und Sprechtempo
  • Wortschatz
  • Verwendung von Bildern, Metaphern, etc. (vgl. ebd.)

3. Form: „Form“ meint alles, was der Redner mit seinem Körper zur Unterstützung des Gesagten tut:

  • Auftreten, Gesamterscheinungsbild
  • Stand und Haltung
  • Gestik
  • Mimik und Blickkontakt (vgl. ebd.)

4. Schlagfertigkeit: Hierunter wird die Fähigkeit des Redners bewertet, seine Seite in direkter Auseinandersetzung mit der Gegenseite stark zu machen. Die Kategorie umfasst inhaltliche und interaktive Aspekte:

  • Aufgreifen und Widerlegen von Argumenten der Gegenseite („rebuttal“)
  • Umgang mit Interventionen der Gegenseite bzw. des Publikums
  • Reaktion auf Zwischenrufe
  • Souveränität (vgl. ebd.)

Literatur

Lechner, Clemens; Wiemers, Holger (2009): Wartburgformat. Komplettes Regelwerk. In:http://www.heidelberg-debating.de/sites/default/files/pdf/Kommentiertes%20Regelwerk%20des%20Wartburg-Formats%202009.pdf [Zugriff 09.10.2015].